Eine Trailer-Queen oder gar ein Poser ist dieser Scout II definitiv nicht, dafür ein grundehrlicher Kumpel zum Pferdestehlen. Doch wem ist der Scout überhaupt bekannt? Nur Insider kennen den coolen Cowboy, obwohl er es war, der den Schweizer Autokonstrukteur Monteverdi dazu inspiriert hat einen »besseren« Range-Rover zu bauen, doch das ist eine andere Geschichte. Nun, der International Scout ist nicht einfach ein Wagen mit Allradantrieb, sondern war vielmehr als Arbeitsgerät erster Güte gedacht. Ein Kerl fürs Grobe. Das ist so geblieben bis zum letzten ausgelieferten Fahrzeug.
Bei einem International Harvester Scout ist alles robuster, stabiler, langlebiger als bei seinen Mitbewerbern. Erkennen tut man das das nicht auf den ersten Blick, denn der Scout trägt einen Maßanzug oder viel mehr ein maßgeschneidertes Jeans-Outfit. Die Proportionen sind mustergültig, die Silhouette wirkt wie aus einem Guss – Kraft gepaart mit Eleganz, was vor allem dem kurzen vorderen Überhang zu verdanken ist. Die ganze Form ist ohne Schnörkel, ohne Chi-Chi und so wohlgestaltet, dass man nicht umhinkommt, dem hauseigenen Designer Ted Ornas größten Respekt zu zollen. Wenngleich der nicht im Sinne hatte einen Beau zu kreieren, der gefällig daherkommt, sondern im Jahre 1958 schlicht den Auftrag erhielt, innert kürzester Zeit die Karosserie für ein Arbeitstier zu entwerfen. Schließlich war International Harvester für Landmaschinen und Schulbusse bekannt. Doch das Loadstar genannte Modell, wie dieses eins ist, gehörte seinerzeit zu den am meisten verbreiteten Trucks in den Vereinigten Staaten. Der Scout wurde von 1961 bis 1980 gebaut, und zwar über eine halbe Million mal. In der Schweiz kam der Entwurf gut an, denn im Vergleich zu späteren amerikanischen Nutzfahrzeugen vom Schlage eines Wagoneer oder eines Blazer K5 punktete der Scout mit vernünftigen Abmessungen und war bei Behörden wie auch bei Landwirten gleichermaßen beliebt. Heute genießt der Scout Kultstatus, hüben wie drüben, ist aber ein seltenes Gewächs geworden, denn Arbeitstiere hatten zu liefern und wurden in aller Regel irgendwann außer Dienst gestellt, und landeten entweder auf dem Gnadenhof, wo sie verrosteten, oder sie wurden gleich der Schrottpresse überlassen. Was den Scout so begehrlich macht, ist neben Statur und Nehmerqualität insbesondere seine Verwandlungsfähigkeit. Mit dem formschönen Hardtop ist er ein geschlossener SUV für den Winterbetrieb, während er mit dem praktischen Softtop zum variablen Cruiser für die Übergangszeit wird. Grosses Kino ist aber, wenn alle Hüllen gefallen sind und der Scout zu einem Vollcabrio wird (mit Überrollbügel), das hinsichtlich Offenherzigkeit selbst einem 356 Speedster die Schau stiehlt.
Doch genug der Schwärmerei. Kommen wir zum Wesentlichen und somit zum Zustand und zur Geschichte dieses Fahrzeugs. Gleich vorneweg, lassen Sie sich von der Laufleistung nicht täuschen, der Wagen steht richtig gut da. Wie eingangs erwähnt handelt es sich aber nicht um ein totrestauriertes Showcar, sondern um ein Auto, das die Spuren des Lebens mit Stolz und Würde trägt. Begonnen hat das Leben dieses Scout als Leitungsbaufahrzeug im Bündnerland. Zwei Jahre später ging er bereits in den Besitz eines Unternehmers über, der am rechten Ufer des Zürichsees ein Baugeschäft führte. Er hatte den Scout über viele Jahre als Daily-Driver benutzt, was aufgrund von Abgaspass und Serviceheft sehr schön nachzuvollziehen ist.
Den dritten Lebensabschnitt verbrachte der Scout im Besitz zweier Auto-Liebhaber, die beide reichlich investiert hatten, um den Wagen wieder für den gepflegten, sommerlichen Alltagseinsatz bereitzustellen. Erster war derjenige, der dank guter Verbindungen die Möglichkeit hatte, ein originales Monteverdi-Interieur zu beschaffen, so wie es auch im Monteverdi Safari verbaut worden ist. Dazu gehören die Sitzgarnitur und das Lenkrad. Der nachfolgende Besitzer legte anschließend großen Wert auf Mechanik und Technik und spendierte dem Wagen unter anderem eine Teilüberholung des Zylinderkopfes, einen neuen Kühler und ein brandneues Automatikgetriebe aus den New Old Stock Beständen von Monteverdi. Bekanntlich verwendete Peter Monteverdi für den Aufbau seiner Safari-Modelle Chassis und Antriebsstrang des International Harvester Scout.
Im Oktober 2022 wurde der Scout frisch geprüft und erhielt eine umfangreiche Wartung, darunter der Wechsel sämtlicher Flüssigkeiten (Hinterachse, Vorderachse, Verteilergetriebe, Differential etc.). Kein Wunder also, dass der Fahreindruck tadellos ist und das Bewegen dieses coolen Kerls richtig Freude macht. Als stimmig darf neben der originalgetreuen Lackierung auch der saubere Zustand des Interieurs bezeichnet werden. Das Armaturenbrett mit seinen klar gezeichneten Instrumenten und den übersichtlich angeordneten Bedienelementen überzeugt mit einer schönen Patina und verströmt das Flair der Siebzigerjahre. Die Anhängerkupplung wurde erst vor einigen Monaten montiert und hat bisher nur einen Leichtlastanhänger von 500 kg gezogen. Ein Hardtop sowie Ersatzteile (Dichtungen für Türen und Fenster etc. ) sind im Kauf inbegriffen. Abschließend ist noch zu erwähnen, dass von den wenigen vorhandenen Scouts nur ein Bruchteil in einem originalen, authentischen Zustand sind. Das Gros der Kaufobjekte ist stark individualisiert oder gar verbastelt, was auf diesen Wagen zum Glück nicht zutrifft.
Nachfolgend eine nicht vollständige Übersicht der kürzlich ausgeführten Arbeiten: Neuer Zündverteiler, neue Stossdämpfer HA und VA, neuer Anlasser-Magnetschalter, sämtliche Flüssigkeiten erneuert, neuer Kühler, neue Kreuzgelenke, neues Automatikgetriebe, neue Bremsen hinten, neuer Vergaser, neue Ansaugspinnendichtung, Hydrostössel und Lifter ersetzt.